Meine Freundin, eine Grundschullehrerin, erzählte mir einmal, die schlimmsten Eltern wären jene, welche selbst Lehrer sind.
Wahre Worte. Allerdings betrifft dies nicht nur Grundschullehrer……
Gestatten: der Instructor Kollege
Die Basecap seines Verbandes konnte ich schon von weitem erkennen, als er eines sonnigen Vormittags in unserer Tauchbude aufschlug. Sein Instructor-Rucksack, wohl noch aus seinem Kurs, mittlerweile aber völlig zerschlissen, unterstrich seine langjährige Erfahrung. Genauso wie sein altes Tauchequipment, das ähnlich einem Weihnachtsbaum mit jeder Menge Hilfsmittel und Accessoires behängt war. Ein bißchen nervös machte mich dieser selbstbewusste Riese schon…
womöglich ein ganz alter Hase?…
„Was muss ich denn hier für einen Tauchgang zahlen?“ fragte er grinsend.
„Ein Tauchgang kostet 45,- Euro, wenn du mehr als sechs machst wird´s günstiger“ antwortete ich höflich.
„Nee, nee, ich meine, was muss ICH denn bezahlen?“
„Wir haben hier Festpreise, da kann ich leider nichts machen.“
„Ja, aber ich bin doch selbst Tauchlehrer, da gibts normal aber andere Preise!“
„Brauchst du einen Tank?“ fragte ich.
„Ja, klar!“ meinte er.
„Und einen Platz auf dem Boot, brauchst du auch. Oder?!“ fuhr ich fort.
„Tja, dann kostet es für dich genauso viel wie für alle anderen auch.“
Nach dieser Glanznummer würde sich dieser nette Kollege sicherlich postwendend bei unserem Verband melden, falls mir auch nur das kleinste Missgeschick passieren sollte.
Lena. Konzentrier dich!
Wenigstens das Einchecken seines Kumpels Olaf, ein frisch gebackener Open Water Diver, verlief problemlos. In mir keimte neue Hoffnung, auf einen weiteren, harmonischen Ablauf. Allerdings hätte ich mir die Frage, ob er einen Nitrox Kurs machen möchte, besser verkniffen.
„NIX DA, den mach ich selbst mit ihm, zu Hause im SEE!“ blaffte Cheffe.
„Ich bin nämlich Nitrox-Instructor Trainer!“ triumphierte er und wedelte mit seinem Brevet vor meiner Nase rum.
Oh je, auch noch Instructor Trainer… nur nicht von den Sternen auf den Schultern nervös machen lassen…..alles wird gut!
Einen Checktauchgang, wie bei uns üblich, verweigerte er konsequent, aber wenigstens einigten wir uns auf einen Höhlentauchgang, ehe es ans Wrack gehen würde.
Am folgenden Morgen erschienen alle Gäste auf dem Parkplatz.
„Was für Tanks hast du für uns denn eingepackt?“ war die Begrüßung meines neuen Freundes.
„Guten Morgen“ flötete ich ihm entgegen
„2 mal Luft für Olaf und 2mal Nitrox für dich.“
„Nee, nee. Das geht aber nicht.“ antwortete er mir.
„Ich möchte die selben Tauchgänge machen wie Olaf, wir sind doch ein Buddyteam.“ informierte er mich. Ich war verwirrt.
„Tausch mal meine auch in Luft um bitte“ endete er.
„Ja, aber… ihr könnt doch auch so zusammen tauchen. Die Maximaltiefe ist 12m beim ersten Tauchgang und 9 beim zweiten?“ sagte ich vorsichtig.
„Nei-jen, ich möchte die SELBEN Tauchgänge machen, wie Olaf. Also tausch bitte meine Nitrox Tanks in Luft um“ betonte er nachdrücklich.
Nitrox-Theorie ist nun wirklich keine Raketentechnik, aber wenn er sich so sicher ist, sollte ich etwa doch etwas missverstanden haben? Während ich mein Wissen sortierte, lud ich den Anhänger wieder aus, und organisiere Luft Tanks.
Währenddessen kugelten sich meine Kollegen lachend durch die Basis.
„Er mag ja Nitrox-Instructor Trainer sein, aber die Theorie hat er noch nicht so ganz verstanden“ witzelten sie. Und ich ärgerte mich derweil, dass ich mich so hatte verunsichern lassen.
FRAU besorg dir ein bißchen Selbstvertrauen. ARGH.
Am nächsten Morgen ging es dann endlich zum Wrack. Auf dem Weg zum Hafen fragte er beiläufig:
„Wie steht ihr eigentlich zu Dekotauchgängen?“
Testet er mich? Will er mich beim Verband anzuschwärzen?
Leichte Panik machte sich in mir breit. Ich bemühte mich, mich rechtlich so korrekt wie irgendwie möglich auszudrücken:
„Wir verbieten sie!“ antwortete ich steif.
„Und was ist, wenn wir es trotzdem machen?“ hakte er weiter nach
„Unsere Tauchbasis, unser Verband, und ich als der Guide raten dringend von Dekompressionstauchgängen ab“
„Aber wenn wir gar nicht mit dir, sondern allein tauchen und einfach einen machen, was passiert dann?“ nervte er mich weiter.
„Solange wir davon nichts mitbekommen, passiert erstmal gar nichts“ resignierte ich.
„Gut, dann tauchen wir alleine!“
Leider tat er mir diesen Gefallen nicht. Er und Olaf hielten sich zwar weder an meine Ratschläge noch an meine Tiefengrenze, blieben aber dennoch stur in meiner Sichtweite.
Lieber Gott, mach, dass mir heute kein Patzer passiert!!!
sonst ruft er noch vom Boot aus den Verband, meinen Chef, den Chef meines Chefs und das Hotelmanagement an. Und ich werde suspendiert, gefeuert, gevierteilt und sitze in einem Flugzeug nach Hause….wenigstens meine Eltern werden sich freuen. Meinen Job als Tauchlehrer fanden sie nie gut.
Das bittere Ende kam an der Aufstiegsleine: 25min Deko-Stopp für Olaf. Cheffe und ich hatten im Gegensatz zu seinem Kumpel Nitrox dabei.
So hingen wir also zu dritt an der Leine und froren. Aufs Klo musste ich auch. Selbstverständlich.
Ununterbrochen überlegte ich, wie ich mich am besten verhalten sollte.
…Hab ich nichts vergessen? Was hab ich eben im Briefing erzählt?…Wo hängt der Safety-Tank nochmal?….hab ich überhaupt einen dabei ?????…
Während ich Stoßgebete zum Himmel schickte, dass ich weder Sauerstoff noch Handy vergessen hatte, kommunizierte Cheffe eindrücklich mit Olaf.
Nervös schaute ich in die Runde. Was geht nur in seinem Kopf vor?
Steh ich etwa schon auf seiner Abschussliste?
Nebenbei schweifte mein Blick kurz über Olafs Finimeter und es traf mich der Schlag. Es waren bestenfalls noch 5 bar drin und wir hatten noch gute 15min Deko vor uns!
Ich ließ die beiden auf 7m hängen und drehte mich ängstlich nach dem Safety Tank um.
Ich hatte ihn nicht vergessen. Er baumelte brav an der 5m Leine.
Danke OH HERR!
15 min später hatte Olaf auch noch den halben Hang-Tank leergesaugt und wir saßen frierend, mit blauen Lippen, an Bord des Tauchbootes.
„Weißt du, also das mit dem Deko Tauchgang von Olaf, das war nicht mein Fehler!“
klärte mich der Meister auf…
“der Computer von Olaf, der hat einfach falsch gerechnet!“
Ganz ehrlich, ich hab kurz darüber nachgedacht, aber letztlich hatte Cheffe wohl doch nicht alle Weisheit mit dem Instructor-Trainer Kurs gefressen.
Die beiden checkten noch am selben nachmittag aus.
Was ein Glück!
Letztlich beschwerte er sich übrigens nicht über mich, sondern bedankte sich für mein Engagement.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann tauchen sie noch heute.
Trackbacks
-
-
[…] Instructor meets Instructor: Über die Freude Kollegen als Gäste zu begrüßen […]
[…] Instructor meets Instructor. Über die Freuden Kollegen als Gäste zu begrüßen […]