Cause it’s a bitter sweet symphony,
this life try to make ends meet…‘
– The Verve
Ich hab Flugangst.
Ich hab Angst im Dunkeln.
Und Platzangst hab ich auch.
Ich weiß auch grad gar nicht was schlimmer ist. Dunkel oder Eng.
Davon abgesehen bin ich ein totaler Kontrollfreak.
Alles was sich meiner unmittelbaren Kontrolle entzieht ist schlimm. Sehr schlimm für mich.
Und vermutlich aus dem selben Grund warum ich mir so gerne Horrorfilme ansehe, die mich dann die ganze Nacht über nicht schlafen lassen,
hab ich mir einen Flug gebucht.
Nach Coron. Zu den Wracks.
Du siehst: Fliegen, Dunkel, Eng. *Hehe*.
Frag mich nicht, warum ich das gemacht hab, das hab ich mich zeitweise nämlich selbst auch gefragt.
Fakt ist jedenfalls, dass ich mich nach unserem Moalboal Trip plötzlich in einem „nicht sehr vertrauenserweckenden asiatischen Billigflieger“ wiedergefunden habe.
Ziel: Palawan
Da wo die wilden Kerle wohnen, bzw. die japanische Kriegsflotte im Zweiten Weltkrieg das Zeitliche gesegnet hat.
Bis zum Zwischenstopp in Manila hatte ich übrigens noch Gesellschaft von einer Freundin, die neben mir im Flieger saß.
„Alter…was bist Du denn für ne Tauchlehrerin? Du fliegst so viel in der Weltgeschichte rum und hast jetzt nicht ernsthaft Flugangst?!?!“
…“doch.“
Layover in Manila: „nur schön im sicheren Terminal bleiben und auf meine Habseligkeiten aufpassen. Manila is ja ziemlich gefährlich. Habsch jedenfalls gehört…“
und vor lauter lauter, dann auch noch fast den Anschlussflug verpasst. (Trotz 6h Aufenthalt)
Denn Manila is offenbar nicht nur gefährlich- sondern auch noch sch**** groß.
Und Terminal 1 und 2 eine komplette Busfahrt voneinander entfernt.
Wohl dem, der sich rechtzeitig vor dem Boarding um die Ankunft im richtigen Terminal kümmert.
Allerdings muss man Cebu Pacific schon hoch anrechnen, dass sie mir einen eigenen Sonderbus spendiert haben- nur um diese verpeilte Deutsche noch am selben Tag loszuwerden.
Nice.
Nach dem Arrival in Coron war ich übrigens ziemlich baff, denn ich dachte nach zwei Jahren Malediven wäre ich so einiges gewöhnt. Aber die grüne Wiese, auf der wir gelandet sind, hat mich dann doch irritiert.
Gab auch kein Kofferband. Oder Info-Centrum. Oder irgendwelche Angestellte.
Es gab nur das Flugzeug. Die Gäste, die Crew und mich – in den Weiten Palawans.
Wenigstens standen ein paar geschäftstüchtige Filipionos vor der Tür, willens uns in die Stadt zu fahren. –
Verhandlungen bzgl. des Preises mangels jedweder Alternative übrigens zwecklos. Anyway es war wohl jeder einfach nur mega happy einen Transport zu haben.
Nach anfänglicher Skepsis stellte sich Coron dann aber als das Geilste raus, was ich auf den Philippinen bisher gesehen habe.
Anders als Cebu, bzw. die kompletten Visayas ist Palawan nicht total zugespammt mit Wellblechhütten, sondern hat riesige freie Flächen, Wälder, Felder und herrlich bewachsene Hügel, zwischen denen morgens die Nebelschwaden ziehen.
Eine sexy Mischung aus irischer Landschaftsphotographie und Fluch der Karibik.
Außerdem ist es viel viel sauberer als alle anderen Orte die ich auf den “Phlippsen” bisher besucht habe.
Also…Jungs des Nordens- Freunde des Christentums…nehmt Euch mal ein Beispiel am Süden. Es geht auch ohne tonnenweise Dreck vor den Hütten.
Mein Hostel war dann auch noch ein mega Glücksgriff (Sea Horse Guest House, falls Du Inspiration brauchst…hab ich aber nicht selbst gefunden, sondern auch nur in einem anderen Blog abgekäst). Nicht ganz billig (600 Peso / Nacht), aber dafür inklusive West-Frühstück mit anständigem Filterkaffee.
Und unter Anbetracht, dass ich jederzeit Willens bin, dafür 200 Peso zu latzen, ist das Angebot des Hostels dann auch schon wieder gut.
Ich hab dann mal wieder den Fehler gemacht, den ersten Tag nicht zu verplanen. Ganz böser Fauxpax auf den “Phlippsen”. Denn wenn man sich nichts vornimmt, wird man spätestens zum Mittagessen vor Langeweile das erste Bier in Betracht ziehen. Aber ja, ich war wie immer, guter Dinge, voller Tatendrang und optimistisch bezüglich der sich mir bietenden Freizeitgestaltung.
Das Tauchcenter meiner Wahl war das „Rocksteady“. Nicht das Billigste, aber dafür mit super Reviews auf Trip Advisor, wurde mir zudem empfohlen UND (ganz wichtig) ich hatte endlich mal wieder jemanden um auf Deutsch zu schnacken. Das kam in der letzten Zeit nämlich ein bißchen kurz.
Für den ersten Tauchtag waren die Irako, die Kogyo Maya und das Gunboat geplant. Es hieß, ich könne gleich mit dem schwierigsten Wrack starten. Ich sei ja Instruktor und so oO
Gut dass keiner weiß, dass ich ein klaustrophobischer Instruktor mit Angst im Dunkeln bin. HA HA.
Trotz lustigem Abendessen mit ein paar Backpackern und einiger Biere war’s mit dem Schlafen nicht so wie sonst… Im dunklen (wie passend) Dorm, gab’s dann nämlich doch Angst vor der eigenen Courage.
Die ganze Sache mit den Wracks konnte genau zwei Ausgänge haben: Im schlimmsten Fall würde ich sterben. Und mich im besten Fall nur bis auf die Knochen blamieren.
Aber dann ist weder das eine noch das andere passiert. Ich bin nicht gestorben und hab mich auch nicht blamiert. Denn es war einfach nur geil.
Nachdem wir erstmal auf 45m Tiefe im Maschinenraum der Irako rumgeschwommen sind, (ich hätte NIEMALS gedacht, dass ich sowas JEMALS tun würde) ist dann doch die längst verschüttet geglaubte Historikerin in mir wach geworden. Und ich hab an nichts anderes mehr denken können, als dieses geniale Schiff, seine blutige Geschichte und was es wohl noch hinter der nächsten Ecke zu sehen gibt.
Vergessen waren alle Sorgen und es war einfach nur HAMMER. Diese Wracks liegen seit 1944 in der Sulusee und sind immer noch intakt, als wären sie erst vor ein paar Tagen gesunken.
Und es ist nicht schwer gefallen, mir kleine, cholerische japanische Offiziere in den dunklen Gängen vorzustellen, die Befehle an arme Untergebene rausschreien. *Die Phantasie geht mal wieder mit mir durch*
Vor dem nächsten Tauchgang war ich dann nicht mal mehr aufgeregt, sondern nur noch total glücklich. Wer hätte gedacht, dass ich so auf Wrack Penetrationen abgehen würde.
“*Holla Jucheee*…eine neue Leidenschaft entdeckt und wieder ein Grund mehr durch die Weltgeschichte zu reisen!!!”
Und meine Eltern werden so froh sein, dass wieder ein bißchen Kriegsgeschichte Einzug in mein Leben genommen hat.
Ich hab im Laufe der Woche übrigens 5 der 10 großen Wracks angesehen. Die Irako Maru, die Kogyo Maru, die Okikawa Maru, die Akitsushima und das East Tangat Gunboat.
Jetzt kann ich sagen:
Ich habe mich verliebt.
Ja, ich weiß, sie ist ein bißchen alt für mich.
Und vielleicht auch ein bißchen rostig.
Aber sie hat es mir so angetan…die alte Japanerin:
I love Okikawa Maru.
Mein Schätzchen ist übrigens ein Cargo-Boat. Öltanker würde nicht so sexy klingen, daher bleiben wir lieber bei Cargo-Boat. Und sie steht da einfach auf 35m Tiefe rum. Nicht umgefallen, sondern schön aufrecht und verdammt noch mal riesig.
Der Weg durch die unterschiedlichen Frachträume ist lang (35min nonstop overhead environment) und stockdunkel.
“Macht mir übrigens wirklich nichts mehr aus”
Ist auch an den meisten Stellen nicht eng, denn die früheren Öllager, wirken von innen eher wie eine Kathedrale, als ein Wrack.
Weil es so schön war, bin ich übrigens zweimal mit zum meinem Schatz. Und auch in der Akitsushima war ich zweimal.
Beim zweiten Tauchgang dann sogar mit einem Divemaster der sich bereit erklärt hat, mit mir durch den eingestürzten Bereich der Okikawa zu schwimmen. Der war dann doch ganz schön eng.
“
Ganz oder gar nicht, oder?!”
Dort konnte ich dann übrigens auch die Kanonenkugel bewundern, die mein Habibi damals versenkt hat.
Imposant.
Zum ersten Mal seit meiner Tauchgänge an Richelieu Rock, im November 2014, hatte ich wieder dieses wehmütige Gefühl bei der Abreise.
Wenn alles in mir schreit:
„NEEEEEIIIIN. Ich bin hier noch nicht fertig. Ich muss verdammt nochmal da unten bleiben. Unbedingt. Ich WILL nicht gehen. Hier gehöre ich hin.“
Ich war wirklich unglaublich traurig diese Wracks hinter mir zu lassen.
Und gleichzeitig sehr glücklich genau DAS wieder zu fühlen. Denn zwischenzeitlich ich hatte schon befürchtet dieses Gefühl durch den Job und die vielen Tauchgänge (an mitunter sehr geilen Plätzen) verloren zu haben.
“ So it’s a Bitter Sweet Sypmphony this life…”
Jana says
Wow super! Das macht richtig Lust auf Coron und die Wracks 🙂
Ich finde es auch super schön, wie ehrlich du schreibst. Viele Taucher wissen schließlich leider immer alles besser, sind angstlos usw. – du weißt sicherlich, was ich meine 😉
I like your page!!! 🙂
LG
Matthias says
Auch 3 Jahre nach unserem Besuch in Coron und den dortigen Wracks, trage ich noch heute mein T-Shirt mit allen Wracks jedes Mal mit einer Träne im Augenwinkel! Es war einfach hammergeil dort zu tauchen!!!
Ich habe über die Coron-Wracks einige Videos gemacht, vielleicht hast Du Lust mal reinzuschauen:
Kogyo Maru: https://youtu.be/9Lwr3rzqcJk
Siete Pecados: https://youtu.be/-lMZIjjvp2U
Best-Of: https://youtu.be/lFyD-l-pyDw
Allzeit gut Luft, Matthias (@maximal_underwater bei Insta)
Leenah says
Hey Matthias!
Danke für Deine Message!
Das Video guck ich mir doch gleich mal an.
Bei welchem Tauchcenter bist Du denn getaucht?
Das obligatorische T-Shirt mit den Wracks hab ich mir natürlich auch gekauft.
Und die Träne hatte ich auch im Augenwinkel, bei der Abreise.
Das ist mir schon lange nicht mehr passiert.
Die Wracks haben wirklich mein Herz berührt.
Auch wenn’s doof klingt.
Alles Liebe aus Bali,
Lena
Matthias says
Hey Lena,
es müsste “Dive Calamianes” (auf jeden Fall an der Hangseite der “Hauptstraße” gewesen sein). Unser Diveguide war ein 75-jähriger Freelancer aus Australien, der die Wracks in und auswendig kannte.
Tip: Von Bali aus unbedingt nach Komodo zum Tauchen!!! Dort empfehle ich das “Komodo Dive Center” unter deutscher Leitung von Moritz.
Schau mal rein: https://www.youtube.com/watch?v=UC2lwGljg3s
Gute Reise, Matthias
Leenah says
Hi Matthias!
Sehr guter Tipp, danke!
Ist doch immer wieder ein Vergnügen, mit den alten Hasen abzutauchen!
Komodo steht noch an!
Ich schau gern mal nach :))
Liebe Grüße aus dem regnerischen Bali!
Lena