Wer, wie, was, der, die, das, wieso, weshalb, warum…wer nicht fragt bleibt dumm:
Das Thema heute: Wie funktioniert das eigentlich mit dem Freelancen?
DAS hatte ich mich auch immer schon gefragt und nun nach fast vier Jahren bodenständiger Tauchjobs mit Festvertrag einen Sommer auf Wanderschaft eingelegt.
Traditionen, die für Zimmerleute gut sind, können für Tauchlehrer schließlich nicht schlecht sein. Oder?!
Also hab ich Jacket, Maske, Flossen und Atemregler in ein Bündel gepackt und bin losgezogen: auf die Philippinen.
Ja, ja, ich weiß, das was Dich mal wieder am meisten interessiert: was verdient man denn da so??
Nun ja, erstmal verdient man nüschts.
Denn vor das Gehalt hat Neptun das Klinkenputzen gesetzt.
Im besten Falle kommt man auf der Insel an und kennt schon ein paar Leute, die einem den Basisleiter vorstellen, und schon ist der Weg zum ersten Guiden geebnet.
Im ungünstigsten Fall heißt es: umherziehen, einen guten Eindruck hinterlassen und sich geduldig in den bevorzugten Tauchcentern vorstellen.
Je nach High- oder Lowseason sollte die Anzahl zwischen zwei und einfach allen auf der Insel variieren.
Ein Lebenslauf auf dem USB Stick und ein gepflegtes Auftreten hätten dabei auch schon geholfen. Hab ich gehört.
Nach einem ersten Gespräch mit dem Basisleiter wird man dann in die heilige Liste der Freelancer aufgenommen. Ganz nach unten. Auf den aller letzten Platz in der Nahrungskette.
Übrigens wird das Projekt nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn Du vor der Anreise daran gedacht hast, Dir eine philippinische Handynummer zu besorgen. Haste vergessen? Grande Malheur. Dann erstmal zurück aufs Festland.
*Denn ohne Handnummer – keine Anrufe, is klar, ne?*
Falls Du Dich ein bißchen mit dem Christentum auskennst, oder alternativ mal philosophisch mit der Konstruktion eines Barhockers auseinandergesetzt hast; wirst Du wissen, dass die Basis allen Lebens die heilige Dreifaltigkeit ist.
In unserem Falle bestehend aus:
– dem ersten Eindruck
– einer funktionierenden Handynummer (*auf keinen Fall, wie ich, das Handy immer lautlos haben O_O)
– und einem gewissen Organisationstalent
Denn die Zukunft wird nämlich so aussehen, dass, sobald Arbeit da ist, die Tauchcenter ihre Listen abtelefonieren.
Von ganz oben der Spitze der Nahrungskette nach ganz unten, zu Dir. Je nach Saison bist Du also früher oder später an der Reihe.
Kleiner Tipp am Rande: verbock es nicht. Denn höchst wahrscheinlich gibt es nur diese eine erste Chance.
Es sei denn, Du sprichst Deutsch, Chinesisch, Russisch, Französisch, Schwedisch, Holländisch, Englisch, und Italienisch gleichzeitig. Dann werden sie Dich anrufen, egal was Du anstellst.
Für alle anderen gilt: unbedingt zusagen und pünktlich im Tauchcenter stehen.
Zum Thema Organisationstalent: Absagen werden nicht gerne gesehen. Und katapultieren Dich direkt wieder ein paar Stockwerke tiefer in der Hackordnung der Freelancer. Also versuch es irgendwie so einzurichten, dass Du gleichzeitig auf allen Hochzeiten tanzen kannst, ohne ein Jobangebot jemals ablehnen zu müssen.
Ja. Das. Ist. Sau. Schwer. Ich. Weiß.
Apropos im Tauchcenter ankommen. Gewöhn Dich an ein Leben ohne Box. Denn außerhalb Deines „Heimat-Tauchcenters“ wird Dir niemand eine hübsche rote, blaue oder gelbe Plastikkiste für Dein Gerödel geben.
Du bist jetzt ein tauchender Wanderzirkus.
Du wirst je nach Auslastung und benötigter Sprache angerufen, und Du kommst dann mit Deinem nassen Bündel zu Deiner neuen Arbeitsstelle.
Das kann teilweise ganz schön anstrengend sein, denn jedes Tauchcenter arbeitet anders, hat andere Regeln und Du solltest die keinesfalls untereinander verwechseln.
Das heißt: nicht nur Organisationstalent ist gefragt, sondern auch Flexibilität.
Klingt erstmal kacke, oder? Ist es aber gar nicht.
Denn nun kommen wir zu den Vorteilen.
Du hast keine geregelten Arbeitszeiten und musst Dich nicht täglich 8 Stunden im Tauchcenter rumdrücken.
Du musst weder die Kisten der Gäste packen, noch wird man Dir eine verantwortungsvolle, arbeitsintensive Aufgabe als „Boatmaster“ übertragen. Du hüpfst einfach nur mit Deinen Tauchern ins Wasser und bringst sie danach wieder zurück aufs Boot. Fertisch….
Bei Kursen sieht es genauso aus. Du kommst an, kümmerst Dich um Deine Gäste und kannst danach theoretisch wieder gehen.
Außerdem lernst in kurzer Zeit viele unterschiedliche Systeme kennen und bekommst einen guten Gesamtüberblick, wie Tauchschulen allgemein arbeiten.
Vergiss nur um Himmels Willen nicht, Deine Tauchgänge / Kurse später in der Basis einzuloggen. Und das System ist von Shop zu Shop unterschiedlich. Also Obacht!!!
Denn wo kein Tauchgänge / Kurse geloggt sind, werden auch keine bezahlt.
Außerdem empfiehlt es sich aufzuschreiben, wann Du wo gearbeitet hast und was Du gemacht hast. Sonst verlierst Du noch den Überblick, und weißt am Ende gar nicht, was man Dir schuldet.
Im Anschluss eines erledigten Jobs, solltest Du übrigens noch eine Weile in der Tauchschule anwesend sein. Das kommt gut beim Chef an, und vielleicht ergibt sich auch noch die Gelegenheit den ein oder anderen Kurs, respektive Tauchgang, an den Gast zu bringen.
Außerdem gilt: wer da ist, kriegt den Job.
Kommt nämlich Arbeit ins Haus, bekommt der den Zuschlag, der gerade in Sichtweite ist. Und das ist DEINE Gelegenheit die Hierarchie der Freelancer-Liste geschickt zu umschiffen und in kürzester Zeit die Überholspur zu kapern.
Ich hör Dich schon sinnieren…“joa lohnt sich das denn überhaupt?“
Tja, das hängt ganz von Dir ab. Wer gut verkauft, verdient auch gut. Alles in allem finde ich das Gehalt gemessen an den Arbeitsstunden gar nicht verkehrt.
Im Durchschnitt bekommst Du 35-45% Provision für einen Kurs. Was für einen Open Water Diver Kurs circa 110,-$ sind.
Wenn Du Glück hast, und nicht nur einem unglücklichen Schüler Deine volle Aufmerksamkeit zukommen lassen musst, sondern mit mindestens zweien gleichzeitig ins Wasser steigst, sieht die Rechnung gar nicht schlecht aus.
Die günstigeren Kurse (AOW, Nitrox, Adventure Deep, etc.) geben natürlich weniger Geld, sind aber auch sehr viel weniger Arbeit.
Wie immer bringt der Discover Scuba Dive im Verhältnis mit dem damit verbundenen Aufwand das meiste Geld. Und den wenigsten Spass.
Übrigens: wenn Du zuverlässig, professionell und schnell arbeitest, kannst Du davon ausgehen, dass Du schon sehr bald ein Heimat-Tauchcenter (und damit auch wieder eine nette Plastikbox für dein Equipment *holla juchee*) haben wirst, wo man Dir 90% Deiner Jobs anbietet.
Ich, sowie die meisten meiner Kollegen, haben nie für mehr als zwei Tauchcenter gleichzeitig gearbeitet. Außerdem bekam ich bereits nach zwei Wochen einen Festvertrag angeboten. Ob Du den dann aber annimmst, musst Du mit Dir selbst ausmachen.
Ich kam durchschnittlich auf 800-900$ trotz sehr viel Freizeit. Allerdings stand für mich diese Saison auch unter dem Stern der eigenen Fortbildungen (PADI IDC / MSDT + Freediving Course) und unter dem Aspekt des Reisens. Mit mehr Fokus auf den Job wäre sicher auch deutlich mehr Geld drin gewesen.
Fürs Guiden gibt es widerrum äußerst wenig Cash. 300 Peso (schlappe 6,45$) pro Tauchgang. Und dabei ist es egal, ob Du Dich morgens um 4 Uhr todmüde zum Early Morning Dive schleppst, oder mit fünf Gästen in die tiefschwarzen Fluten zum Night Dive wirfst.
Es bleibt bei 300 lausigen Peso. Bzw. 350 weniger lausigen Peso in ein paar ausgewählten Tauchschulen der Insel.
Ich für meinen Teil habe es aber trotzdem genossen und hab sehr viel mehr geguidet, als andere Tauchlehrer-Kollegen. Nach zwei Jahren Malediven hat es gut getan auch mal wieder etwas Abstand zum Dauer-Unterrichten zu bekommen.
Denn mal ehrlich…erfahrene Taucher guiden?
= Fundive, ohne viel Bla Bla und Tiefenbegrenzung.
Ja bitte, danke, gern geschehen und her damit!!! In meinen Augen eine Win-Win Situation.
Mein Fazit:
Tauchlehrer auf Wanderschaft sollte man schonmal gemacht haben. Denn ein Grossteil der Tauchindustrie funktioniert so. Von daher gehört das Konzept des Freelancens zur Allgemeinbildung im Business.
Für mich ist es definitiv nichts langfristiges, aber ein lustiger Sommer und jede Menge neue Erfahrungen mit großem Spassfaktor.
Truniger Peter says
Super Bericht…. guter Blogg
Leenah says
Vielen lieben Dank, Peter!
Ich freue mich immer über Leser und positives Feedback! 🙂